Ratsherr Keneth Dietrich beschreibt den von der Stadtverwaltung Leverkusen versagten Versuch, einen Bürgerantrag einzureichen, der verhindern soll, dass Menschen wegen Schwarzfahrens bei der Wupsi im Gefängnis landen:
„Seit der Änderung der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt Leverkusen, seine Ausschüsse und die Bezirksvertretungen gemäß Ratsbeschluss vom 13.02.2023 ist es Gruppen und Einzelvertretern nicht mehr möglich, Anträge an den Stadtrat zu stellen. Damit fehlt diesen gewählten Vertreter:innen ein wichtiges Gestaltungsinstrument. Durch das Recht aus §24 GO NRW, sich mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten der Gemeinde an den Rat oder die Bezirksvertretung zu wenden, glaubten wir, dass uns zumindest die Möglichkeit von Bürger:innenanträgen geblieben wäre.
Jede:r Einwohner:in der Stadt Leverkusen hat nämlich das Recht, einen Antrag an den Ausschuss für Bürgereingaben und Umwelt zu richten. Gut so. Sich mit den Anliegen der Mitmenschen zu beschäftigen ist schließlich die Aufgabe von Politik, insbesondere der Kommunalpolitik. In Leverkusen aber scheint man diese Aufgabe auf ein Minimum reduzieren zu wollen, anders kann man die Verweigerungshaltung des Sitzungsdienstes nicht bezeichnen.
Folgende Bitte wurde am 15. März 2024 an den Sitzungsdienst der Stadt Leverkusen gesendet:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
mir ist bewusst, dass kein reguläres Antragsrecht für Einzelvertreter besteht, trotzdem möchte ich Sie darum bitten, den angehangenen Antrag für den kommenden Turnus zu berücksichtigen.
Sollte dies nicht möglich sein, ist dieser Antrag als Bürgerantrag zu verstehen.
Viele Grüße
Keneth Dietrich
Die Linke Leverkusen“
Doch die Hoffnung, dass die Stadtverwaltung ihre Gestaltungshoheit über die Tagesordnungen der Gremien nutzt oder zumindest das Thema Strafanzeigen im ÖPNV nochmal auf die Agenda kommt, nachdem nun auch schon Düsseldorf und Köln eine Neuregelung dazu verabschiedet haben, blieb unerfüllt.
Er erhielt am 19. März 2024 folgende überraschende Antwort :
„Sehr geehrter Herr Dietrich,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Wie von Ihnen bereits beschrieben, ist eine Aufnahme Ihres schriftlichen Antrags im Vorfeld auf die Tagesordnung der Sitzungen der zuständigen Gremien nach der Geschäftsordnung des Rates nicht möglich.
Leider besteht für Sie auch nicht die Möglichkeit, Ihr Anliegen alternativ als Eingabe nach § 24 GO NRW („Bürgerantrag“) einzubringen. Aufgrund der gängigen Rechtsprechung dürfen Ratsmitglieder mit diesem Instrument die Regelungen der Gemeindeordnung NRW und der nach dem Ortsrecht bestehenden Vorschriften etc. nicht umgehen. Ein Ratsmitglied darf eine Eingabe nach § 24 GO NRW somit nicht dafür benutzen, um die Aufnahme eines Punktes in die Tagesordnung der Ratssitzung zu erzwingen.
Sofern Ihr Anliegen von einer anderen Einwohnerin oder einem anderen Einwohner eingereicht wird, die/der seit mindestens drei Monaten in Leverkusen wohnt, erscheint eine Beratung als Eingabe nach § 24 GO NRW im Ausschuss für Bürgereingaben und Umwelt möglich. Für weitere Fragen zum Verfahren wenden Sie sich gerne an [die Sachbearbeiterin] oder mich bzw. an sitzungsdienst@stadt.leverkusen.de.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag [Mitarbeiter der Abteilung 011 Rat und Bezirke]“
Offenbar spricht die Stadtverwaltung gewählten Mitgliedern des Stadtrats das jedem/r Einwohner:in gemäß Art. 17 GG zustehende Recht, Anregungen und Beschwerden an die Politik zu richten, die laut §24 GO im zuständigen Ausschuss zu platzieren sind, ab. Das wäre ein starkes Stück, zumal sehr offensichtlich die Schranken des §24 GO NRW ausschließlich in der Dauer des wohnhaften Aufenthalts liegen. Vorher wäre man laut § 12 Abs. 1 Kommunalwahlgesetz NRW als Ratsmitglied auch gar nicht wählbar. Möglicherweise interpretiert die Stadtverwaltung die Mail als Einwohnerantrag gemäß §25 GO NRW, wobei dann aber nicht passt, dass explizit darauf hingewiesen wird, dass es als Bürgerantrag gemäß §24 GO NRW nicht zulässig sei, aber ja jemand anderes einen Antrag gemäß §24 GO NRW stellen könne.
Mit der überspezifischen Antwort – es wurde gar nicht verlangt, den Antrag auf die Tagesordnung des Stadtrats zu setzen! – wird die zweifelsfrei rechtlich nicht eingeschränkte Möglichkeit, den Antrag im zuständigen Ausschuss beraten zu lassen, als nicht verfügbar bezeichnet. Als hätte der Stadtrat mit seinem demokratiefeindlichen Beschluss vom 13.2.2023 nicht nur die Beteiligung im Stadtrat eingeschränkt, sondern den Gruppen und Einzelvertreter:innen auch ihre basisdemokratischen Rechte genommen, die im Art. 17 GG sogar zum Grundrechtekatalog gehören.
Wir halten dies für eine rechtlich keineswegs gedeckte Abwimmelungstaktik und haben eine rechtsmittelkonforme Entscheidung über den Antrag verlangt. Die Befürchtung, dass das Thema dadurch weiter verzögert wird, ist eingetreten, denn bis auf einen lapidaren Einzeiler à la „Sie hören in Kürze von uns“ gab es bis zum 4. April 2024 keine Reaktion. Insbesondere wurde der Antrag nicht auf die Tagesordung des Ausschusses für Bürgereingaben und Umwelt vom 11.4.2024 gesetzt. Somit wird nicht nur ein grundgesetzlich garantiertes demokratisches Recht verwehrt. Durch die Nichtbehandlung des Antrags werden Menschen in Leverkusen aufgrund eines Bagatelldeliktes weiter kriminalisiert. Auch ist diese Situation exemplarisch für die Legitimationskrise, die die etablierte Politik derzeit befällt:
„Vielleicht würden sich weniger Parteien über sinkende Zustimmungswerte wundern, wenn ihnen endlich klar würde, dass es nicht reicht, den Menschen zu erzählen, man nehme ihre Probleme ernst, sondern dass man auch in diesem Sinne handeln muss.
Das bedeutet nicht, dass nur gemacht werden soll, was gerade populär ist, gerade weil populistische Themen ja eher Scheinlösungen für selbst erfundene Probleme anbieten, wie etwa die gerade oft diskutierte Bezahlkarte oder das Verbot von Gendersprache in Bayern.
Klar, das gibt ein bisschen Applaus aus seltsamen Ecken, aber die meisten Menschen verstehen doch, dass das nur Ablenkung ist, damit man keine unangenehmen Probleme ansprechen, identifizieren oder gar lösen muss, und bestenfalls unter die Kategorie Selbstdarstellung fällt.
Ratsherr Keneth Dietrich beschreibt den von der Stadtverwaltung Leverkusen versagten Versuch, einen Bürgerantrag einzureichen, der verhindern soll, dass Menschen wegen Schwarzfahrens bei der Wupsi im Gefängnis landen:
„Seit der Änderung der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt Leverkusen, seine Ausschüsse und die Bezirksvertretungen gemäß Ratsbeschluss vom 13.02.2023 ist es Gruppen und Einzelvertretern nicht mehr möglich, Anträge an den Stadtrat zu stellen. Damit fehlt diesen gewählten Vertreter:innen ein wichtiges Gestaltungsinstrument. Durch das Recht aus §24 GO NRW, sich mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten der Gemeinde an den Rat oder die Bezirksvertretung zu wenden, glaubten wir, dass uns zumindest die Möglichkeit von Bürger:innenanträgen geblieben wäre.
Jede:r Einwohner:in der Stadt Leverkusen hat nämlich das Recht, einen Antrag an den Ausschuss für Bürgereingaben und Umwelt zu richten. Gut so. Sich mit den Anliegen der Mitmenschen zu beschäftigen ist schließlich die Aufgabe von Politik, insbesondere der Kommunalpolitik. In Leverkusen aber scheint man diese Aufgabe auf ein Minimum reduzieren zu wollen, anders kann man die Verweigerungshaltung des Sitzungsdienstes nicht bezeichnen.
Folgende Bitte wurde am 15. März 2024 an den Sitzungsdienst der Stadt Leverkusen gesendet:
Doch die Hoffnung, dass die Stadtverwaltung ihre Gestaltungshoheit über die Tagesordnungen der Gremien nutzt oder zumindest das Thema Strafanzeigen im ÖPNV nochmal auf die Agenda kommt, nachdem nun auch schon Düsseldorf und Köln eine Neuregelung dazu verabschiedet haben, blieb unerfüllt.
Er erhielt am 19. März 2024 folgende überraschende Antwort :
Offenbar spricht die Stadtverwaltung gewählten Mitgliedern des Stadtrats das jedem/r Einwohner:in gemäß Art. 17 GG zustehende Recht, Anregungen und Beschwerden an die Politik zu richten, die laut §24 GO im zuständigen Ausschuss zu platzieren sind, ab. Das wäre ein starkes Stück, zumal sehr offensichtlich die Schranken des §24 GO NRW ausschließlich in der Dauer des wohnhaften Aufenthalts liegen. Vorher wäre man laut § 12 Abs. 1 Kommunalwahlgesetz NRW als Ratsmitglied auch gar nicht wählbar. Möglicherweise interpretiert die Stadtverwaltung die Mail als Einwohnerantrag gemäß §25 GO NRW, wobei dann aber nicht passt, dass explizit darauf hingewiesen wird, dass es als Bürgerantrag gemäß §24 GO NRW nicht zulässig sei, aber ja jemand anderes einen Antrag gemäß §24 GO NRW stellen könne.
Mit der überspezifischen Antwort – es wurde gar nicht verlangt, den Antrag auf die Tagesordnung des Stadtrats zu setzen! – wird die zweifelsfrei rechtlich nicht eingeschränkte Möglichkeit, den Antrag im zuständigen Ausschuss beraten zu lassen, als nicht verfügbar bezeichnet. Als hätte der Stadtrat mit seinem demokratiefeindlichen Beschluss vom 13.2.2023 nicht nur die Beteiligung im Stadtrat eingeschränkt, sondern den Gruppen und Einzelvertreter:innen auch ihre basisdemokratischen Rechte genommen, die im Art. 17 GG sogar zum Grundrechtekatalog gehören.
Wir halten dies für eine rechtlich keineswegs gedeckte Abwimmelungstaktik und haben eine rechtsmittelkonforme Entscheidung über den Antrag verlangt. Die Befürchtung, dass das Thema dadurch weiter verzögert wird, ist eingetreten, denn bis auf einen lapidaren Einzeiler à la „Sie hören in Kürze von uns“ gab es bis zum 4. April 2024 keine Reaktion. Insbesondere wurde der Antrag nicht auf die Tagesordung des Ausschusses für Bürgereingaben und Umwelt vom 11.4.2024 gesetzt. Somit wird nicht nur ein grundgesetzlich garantiertes demokratisches Recht verwehrt. Durch die Nichtbehandlung des Antrags werden Menschen in Leverkusen aufgrund eines Bagatelldeliktes weiter kriminalisiert. Auch ist diese Situation exemplarisch für die Legitimationskrise, die die etablierte Politik derzeit befällt:
„Vielleicht würden sich weniger Parteien über sinkende Zustimmungswerte wundern, wenn ihnen endlich klar würde, dass es nicht reicht, den Menschen zu erzählen, man nehme ihre Probleme ernst, sondern dass man auch in diesem Sinne handeln muss.
Das bedeutet nicht, dass nur gemacht werden soll, was gerade populär ist, gerade weil populistische Themen ja eher Scheinlösungen für selbst erfundene Probleme anbieten, wie etwa die gerade oft diskutierte Bezahlkarte oder das Verbot von Gendersprache in Bayern.
Klar, das gibt ein bisschen Applaus aus seltsamen Ecken, aber die meisten Menschen verstehen doch, dass das nur Ablenkung ist, damit man keine unangenehmen Probleme ansprechen, identifizieren oder gar lösen muss, und bestenfalls unter die Kategorie Selbstdarstellung fällt.