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Klimaschutz – zu kurz gesprungen

Planet Erde im Wasser

Am 11. Januar stellte Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck die Eröffnungsbilanz zum Klimaschutz in Deutschland vor [1]. Wenig überraschend war das Fazit des Ist-Zustandes, dass die Große Koalition – nett formuliert – einen Trümmerhaufen hinterlassen hat. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE) ist fast zum Stillstand gekommen und die CO2-Ziele werden vorhersehbar vorerst nicht erreicht. 2020 klappte es mit dem CO2-Ziel nur dank günstiger Wetterlage und reduzierten Verbräuchen durch die Pandemie.

Entsprechend groß ist die Aufgabe, die nun vor der neuen Regierung liegt. Habeck versprach dazu, ambitionierte Ziele zu setzen, die man vielleicht nicht erreicht, statt sich aus politischem Kalkül niedrige Ziele zu setzen, die nicht ausreichen.

„Leider wird Habeck mit seinen Plänen zur Energiewende seinem eigenen Vorsatz nicht gerecht, denn die gesetzten Ziele sind schon zu niedrig für die notwendigen Klimaziele. Zwar zeigt er sehr viel mehr Motivation zur Veränderung als sein Vorgänger, aber das reicht noch lange nicht aus“,

kommentiert Guido Körber, Themenbeauftragter Energiepolitik der Piratenpartei Deutschland.

Die gesetzten Ziele sind nicht ausreichend, um dem Paris-Abkommen gerecht zu werden und die Klimaerwärmung unter 1,5 Grad zu halten, wenn alle anderen Länder mit der gleichen Geschwindigkeit vorgehen.

So sind bis 2030 nur 80 % EE-Strom geplant und das mit Ausbauzielen von 200 GW PV und 100 GW Wind. Das ist schon rechnerisch zu niedrig, um die 80 % gemäß dem aktuellen Verbrauch zu erreichen. Gänzlich unmöglich wird es, wenn durch die Sektorenkopplung der Strombedarf, wie erwartet, weiter steigt. Hier müssen deutlich höhere Ziele angesetzt werden.

Dezentraler Ausbau und die Einbeziehung von Mittelstand, Genossenschaften und Bürgern wird nur ein einziges Mal erwähnt. Stattdessen wird umfangreich darauf eingegangen, dass 11.500 km neue Übertragungsnetze gebaut werden müssten. Ein so massiver Ausbau der Übertragungsnetze ist das Gegenteil von dezentral. Er produziert enorme Kosten, die die Stromkunden über die Netzentgelte tragen müssen, und bedient nur das Interesse der Konzerne an großen Strukturen, die zu ihrem Geschäftsmodell passen.

Dabei muss man wissen, dass die Planungsdaten für die Stromnetze von der Bundesnetzagentur als Geschäftsgeheimnisse unter Verschluss gehalten werden. Wir müssen also einfach glauben, dass die Trassen notwendig sind. Bezahlen werden wir sie 40 Jahre lang mit einer garantierten jährlichen Rendite von 6 bis 9 %, ganz unabhängig davon, ob wir sie überhaupt benutzen.

Gänzlich fehlen in der Bilanz Speicher. Offensichtlich möchte man lieber Gaskraftwerke bauen, die später irgendwann einmal mit Synthesegas betrieben werden können. Und davon soll auch noch ein großer Teil importiert werden. Ohne lokale Speicher wird die Energiewende aber teuer und schwierig. Die Idee, noch die letzte Kilowattstunde quer durch Europa zu verschieben, um sich den Speicher zu sparen, handelt uns viel teurere Übertragungstrassen ein. Der massive Netzausbau ersetzt nicht die dringend notwendigen Speicher.

Bei den Plänen zur Umgestaltung des EEG fehlen die wichtigsten Punkte. Ausschreibungen sollen beibehalten werden; nur die Grenze, ab der Anlagen in diese hinein müssen, soll angehoben werden. Dabei waren es gerade Ausschreibungen, die den Ausbau von Wind und PV massiv gebremst haben. Die Ausschreibungen haben insbesondere kleine Marktteilnehmer, wie Genossenschaften, benachteiligt. Der Wegfall unsinniger Regeln, wie der Belastung von Eigenverbrauch und dem massiven bürokratischen Aufwand für kleine und mittlere Anlagen, tauchen ebenfalls nicht auf.

Guido Körber, Themenbeauftragter Energiepolitik der Piratenpartei Deutschland, kommentiert:

„Tilo Jung brachte es bei der Pressekonferenz mit seiner Frage auf den Punkt: Was soll denn jetzt der große Wurf sein?

Denn ein großer Wurf ist das wirklich nicht. Zu wenig ambitioniert, zu viele Geschenke an die Stromkonzerne und schon wieder Zentralisierung statt eines dezentralen Ausbaus, der allen zugutekommt. Es ist Zeit, das EEG auslaufen zu lassen und stattdessen einen regulären Marktzugang für die EE zu schaffen.

Herr Habeck, im Gegensatz zu Ihrem Vorgänger sind Sie wenigstens halbwegs in der richtigen Richtung unterwegs, aber bitte nicht nur schlendern, sondern laufen und den Kurs korrigieren!“ 

Quellen:

[1] www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Energie/220111_eroeffnungsbilanz_klimaschutz.pdf?__blob=publicationFile&v=8

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