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Anfrage zum Katastrophenschutz im Fall eines atomaren Störfalls

Kernkraftwerk Tihange, Puy, Belgien (CC-BY-SA Hullie)
Kernkraftwerk Tihange, Puy, Belgien (CC-BY-SA Hullie)

Gemeinsam mit Ratsherr Keneth Dietrich stellten wir am 3.4.2017 eine Anfrage zum Katastrophenschutz im Fall eines atomaren Störfalls an die Stadtverwaltung. Am 26.7.2017 veröffentlichte die Stadt die Antwort in der z.d.A. Rat Nr. 7. Beides veröffentlichen wir hier sehr gerne

Anfrage

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

zum Thema Katastrophenschutz im Falle eines atomaren Störfalls, wie er mit Blick auf die diversen Zwischenfälle und Pannenserien in den Atomkraftwerken Tihange 2 und Doel 3 möglicherweise in diesen belgischen Reaktoren geschehen könnte. Trotz der Proteste aus vielen Kommunen in NRW werden diese weiterbetrieben und sogar mit Brennelementen aus NRW bestückt[1]. stellen sich einige Fragen zur Notfallversorgung bzw. den Katastrophenschutz bei einem atomaren Ernstfall.

Die Wirksamkeit von Jodtabletten im Falle atomarer Unfälle setzt deren rasche Einnahme nach dem Eintritt eines solchen Störfalls mit dem Austritt atomaren Strahlung voraus. Die schnelle Verteilung von Jodtabletten an die Bevölkerung steht somit im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Schutzwirkung. Des Weiteren vertreten Mediziner aus dem Kreis der Ärzte gegen den Atomtod die Auffassung, dass die schnelle Einnahme von Jodtabletten für Menschen aller Altersgruppen entsprechend der angegebenen Dosierung bei einer gesundheitlichen Verträglichkeit als Schutzmaßnahme gegen die gefährlichen Wirkungen atomarer Strahlung unbedingt zu empfehlen ist.

Vor diesem Hintergrund möchten wir folgende Fragen an die Verwaltung der Stadt Leverkusen stellen:

  1. Ist aktuell in Leverkusen gesichert, dass alle Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt im Falle eines atomaren Notfalls Jodtabletten erhalten?
  2. Wie stellt die Stadtverwaltung aktuell die schnelle Versorgung der Bevölkerung mit Jodtabletten im atomaren Ernstfall in Leverkusen insbesondere unter einer Berücksichtigung von Betrieben, Kindertagesstätten, Schulen, Krankenhäusern, Senioreneinrichtungen etc. sicher?
  3. Welche Empfehlungen gibt die Stadtverwaltung Leverkusen an die Bevölkerung im Hinblick auf die Vorhaltung einer Notfallration an Lebensmitteln?
  4. Gibt es ein gemeinsam mit den umliegenden Kommunen entwickeltes Konzept zur Katastrophenversorgung? Wenn ja, wie wird dies der Bevölkerung zur Kenntnis gebracht?
  5. Wie stellt die Stadtverwaltung sicher, dass alle Bürger, insb. auch hörgeschädigte Personen, die über Sirenen und Radio nicht erreicht werden können, entsprechende Warnungen und Hinweise erhalten?

[1] https://www.tagesschau.de/ausland/akw-belgien-101.html

Nachbohren

Da seit dem Stellen der Anfrage zwei Ausgaben der z.d.A. Rat erschienen waren, ohne dass eine Antwort vorlag, musste übrigens noch nachgebohrt werden:

Am 4. April 2017 wurde von Ratsherr Dietrich eine Anfrage zum Katastrophenschutz in Leverkusen gestellt. Inhaltlich ging es neben der Verteilung von Jodtabletten im Fall eines atomaren Störfalls auch um die Versorgung und Information von Bürgern im Krisenfall. Laut § 47 Absatz 2 Satz 2 GO NRW ist die Stadtverwaltung verpflichtet, den Ratsmitgliedern gestellte Anfragen zu beantworten, um ihrer Arbeit im Rat nachgehen zu können. Laut § 23 der Geschäftsordnung des Rates der Stadt Leverkusen werden die Antworten in der Zeitschrift z.d.A. Rat veröffentlicht. Seit dem Einreichen der Anfrage im April sind zwei Ausgaben der z.d.A. Rat erschienen, die jedoch weder die Anfrage noch die Antwort darauf enthielten.

Hat die Verwaltung die notwendigen Informationen noch nicht beschaffen können?

Stellungnahme der Stadtverwaltung

Zu 1.:
Seitens des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW (MIK) wurden der Stadt Jodtabletten zur Verfügung gestellt, die bei der Feuerwehr Leverkusen eingelagert sind. Diese sind für den Personenkreis: junge Menschen, Schwangere und Stillende bestimmt.

Zu 2.:
Das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW (MIK) hatte zu diesem Thema zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, an dem auch die Feuerwehr der Stadt Leverkusen teilgenommen hat. Als Ergebnis aus diesem Termin wird der Fachbereich Feuerwehr zeitnah ein Konzept erstellen, wie die Verteilung der Jodtabletten im Ereignisfall erfolgen soll.

Zu 3.:
Die Stadtverwaltung verweist hier auf die Hinweise des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BBK), die unter folgendem Link abzurufen sind:

www.bbk.bund.de/DE/Ratgeber/VorsorgefuerdenKat-fall/Pers-
Notfallvorsorge/Lebensmittel/lebensmittel.html

Folgende Hinweise werden dort gegeben:

  • Halten Sie pro Person ca. 14 Liter Flüssigkeit je Woche vorrätig.
  • Geeignete Getränke sind Mineralwasser, Fruchtsäfte, länger lagerfähige Getränke.
  • Keine Experimente. Halten Sie vor allem Lebensmittel und Getränke vorrätig, die Sie und Ihre Familie auch normalerweise nutzen.
  • Strom weg? Achten Sie darauf, dass Esswaren auch ohne Kühlung länger gelagert werden können und ein Großteil Ihres Vorrats auch kalt gegessen werden kann.
  • Alle Lebensmittel sollten ohne Kühlung längerfristig haltbar sein. Achten Sie auf das Mindesthaltbarkeitsdatum. Beschriften Sie Lebensmittel ohne Kennzeichnung mit dem Einkaufsdatum.
  • Sie sollten Lebensmittel kühl, trocken und dunkel aufbewahren. Achten Sie auf luftdichte Verpackung.
  • Neu gekaufte Vorräte gehören nach „hinten“ ins Regal. Brauchen Sie die älteren Lebensmittel zuerst auf.
  • Tiefgekühlte Lebensmittel zählen auch zum Notvorrat. Sie lassen sich bei einem Stromausfall problemlos verbrauchen. Frieren Sie einmal aufgetaute Lebensmittel nicht wieder ein.
  • Kochen ohne Strom und Gas? Im Handel gibt es viele Alternativen wie Campingkocher etc.
  • Denken Sie bei der Vorratshaltung auch an Spezialkost – z. B. für Diabetiker, Allergiker oder Babys.
  • Haben Sie Haustiere? Decken Sie deren Bedarf ab!
  • Gehen Sie mit dem Wasser sparsam um. Benutzen Sie bei längerer Wasserknappheit Einweggeschirr und -besteck, damit Wasser nicht zum Spülen verwendet werden muss.
  • Machen Sie Wasser länger haltbar durch Entkeimungsmittel. Diese bekommen Sie im Campinghandel.
  • Halten Sie genügend Seife, Waschmittel, Zahnpasta, Feuchttücher und Toilettenpapier vorrätig.
  • Wenn das Wasser knapp ist, ist eine Campingtoilette mit Ersatzflüssigkeit eine gute Alternative.
  • Benutzen Sie Haushaltshandschuhe.
  • Benutzen Sie Händedesinfektionsmittel.
  • Benutzen Sie zum Wischen Haushaltspapier, statt etwas nass abzuwischen.
  • Zur schnellen Abfallbeseitigung sind Müllbeutel gut. Sie helfen auch, wenn der Müll für längere Zeit nicht abgefahren wird.
  • persönliche, vom Arzt verschriebene Medikamente
  • Erkältungsmittel
  • Schmerz- und fiebersenkende Mittel
  • Mittel gegen Durchfall, Übelkeit, Erbrechen
  • Mittel gegen Insektenstiche und Sonnenbrand
  • Elektrolyte zum Ausgleich eines Flüssigkeitsverlustes
  • Fieberthermometer
  • Splitterpinzette
  • Hautdesinfektionsmittel
  • Wunddesinfektionsmittel
  • Verbandsmaterial. Alles, was ein DIN 13164-Verbandskasten (Autoverbandskasten) enthält:
    • Mull-Kompresse
    • Verbandschere
    • Pflaster und Binden
    • Dreieckstuch

Zu 4.:
Es gibt derzeit kein gemeinsames Konzept.

Zu 5.:
Die Leitstelle der Feuerwehr kann im Fall eines Ereignisses hörgeschädigte Bürger
über die Warn-App NINA oder über Einblendungen in das laufende Fernsehprogramm
informieren.

Dezernat für Finanzen