Anträge

Verzicht auf Strafverfolgung wegen der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrschein

Antrag Keine Repression im ÖPNV

Zeitrafferfotografie eines weißen U-Bahn-Zuges. In den Fenstern sind Reflektionen der schwachen Beleuchtung auf dem Bahnsteig zu sehen.
Foto von Justin Hamilton: https://www.pexels.com/de-de/foto/zeitrafferfotografie-des-weissen-zuges-106773/

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
ich bitte Sie, den folgenden Antrag auf die Tagesordnung der zuständigen Gremien zu setzen.

Antrag

Die Stadt Leverkusen als Gesellschafterin der Wupsi GmbH (bzw. die entsprechenden Vertreter*innen der Stadt) wird (werden) aufgefordert, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Diese Gesellschafterversammlung soll die Geschäftsführung der Wupsi GmbH auf Grundlage von § 37 Abs. 1 GmbHG anweisen, dem Vorstand folgende Weisung zu erteilen:

Die Wupsi GmbH stellt ab sofort weder Strafanzeigen noch Strafanträge nach § 265a StGB wegen Beförderungserschleichung.

Begründung

Die Ampelkoalition in Berlin hatte eine Überarbeitung des Straftatbestandes der Leistungserschleichung, § 265a StGB, im letzten Jahr in Aussicht gestellt. Eine der diskutierten Optionen ist die Herabstufung zu einer Ordnungswidrigkeit. Damit könnten Bußgelder verhängt werden, die in der Regel deutlich geringer als Strafzahlungen ausfallen. Zudem verursacht die Anwendung von Strafrecht enorme Kosten durch Verfahren die sogar Freiheitsenzug nach sich ziehen können und bindet Ressourcen in den Staatsanwaltschaften.

Beim Wegfall der Strafbarkeit des Fahrens ohne gültigen Fahrschein in einem Fahrzeug des öffentlichen Personenverkehrs bleiben grundsätzlich alle zivilrechtlichen Ansprüche eines geschädigten Unternehmens bestehen. Es entsteht demnach auch in der Folge kein unmittelbarer Schaden für das Unternehmen.

Zur Frage, ob das Fahren ohne gültigen Fahrschein überhaupt betraft werden soll, äußerte sich Prof. Dr. Thomas Fischer, Rechtsanwalt in München und Rechtswissenschaftler und von 2013 bis 2017 Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof, in der Legal Tribune Online am 23. Mai 2022 wie folgt:

„(…) Schwarzfahren sollte nicht weiter bestraft werden. Es ist in der Substanz nur das Nichtzahlen einer Schuld. Das reicht für keine der anderen Varianten des § 265a StGB. Die geschädigten Unternehmen können sich zivilrechtlich wirksam wehren. Das Unrecht des bloßen Schwarzfahrens ohne Zugangserschleichung rechtfertigt weder eine Verfolgung als Straftat noch eine solche als Ordnungswidrigkeit. Wenn das die Rechtsprechung nicht einsieht, muss der Gesetzgeber es ihr ins Strafgesetzbuch schreiben. (…)“

Mit freundlichen Grüßen

Keneth Dietrich

Beratungsfolge

Leider wurde der Antrag nicht beraten. Die Stadt Leverkusen hat dem Ratsherrn sogar das Petitionsrecht verweigert.