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Anfrage PFAS in Leverkusen

Auswirkungen der Exposition gegenüber PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) auf die menschliche Gesundheit (schematische Darstellung)

Anfrage

aufgrund der aktuellen Presseberichte bitten wir Sie um die Beantwortung der folgenden Anfrage:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

PFAS ist kein neues Thema, aber nach den Presseberichten zu den extrem hohen PFAS-Werten in Leverkusen ein aktuelles. Daher möchten wir erfahren:

  1. Sind der Stadt Flächen in Leverkusen mit PFAS-Belastungen bekannt und wenn ja welche?
  2. Nach den Erfahrungen in der Dhünnaue ist der Stadt Leverkusen der Umgang mit verseuchten Flächen bekannt. Wie sehen die Handlungskonzepte für den Fall einer Verseuchung aus?
  3. Wird das Trinkwasser in Leverkusen (insbesondere das Uferfiltrat) regelmäßig auf PFAS kontrolliert oder zählen die Giftstoffe nicht zum regelmäßigen Untersuchungsspektrum.
  4. Falls nicht, sind in Zukunft regelmäßige Untersuchungen nach Bekanntwerden einer Verseuchung in Planung?
  5. Welche Grenzwerte hat die Stadt für Untersuchungen definiert (gesetzliche Regelungen liegen ja nicht vor). Auf welchen Grundlagen basieren diese?
  6. In der Presse wurde von Grenzwerten zu Einleitung gesprochen. Sind diese der Stadt Leverkusen bekannt und/oder wurden Sie der EVL zwecks Abgleiches im Uferfiltrat kommuniziert?
  7. Wird PFAS-haltiger Löschschaum bei der Feuerwehr Leverkusen eingesetzt? Wurde (wie bei der Stadt Hamburg) bereits angefangen, eine Karte mit Löschschaumeinsätzen zu erstellen? Wenn nicht, ist das geplant?
  8. Wie sehen die aktuellen Arbeitsschutzmaßnahmen und Kontrollen auf PFAS-Belastungen für städtische Mitarbeiter aus?
  9. Werden durch die Feuerwehr nach Löscheinsätzen die Einsatzorte anschließend auf PFAS-Belastungen geprüft? Wer würde für eine solche Verseuchung aufkommen – die öffentliche Hand oder der Hauseigentümer?

Viele Grüße

Keneth Dietrich
Die Linke Lev

Stellungnahme

In der z.d.A. Rat Nr. 4 vom 21.4.2023 wurde unsere Anfrage wie folgt beantwortet:

Die Umweltqualitätsnorm zur Beurteilung des chemischen Zustands (UQN) gemäß der Anlage 8 der Oberflächengewässerverordnung (OGewV 2016) liegt bei einer Höchstkonzentration von 36 µ/l und ist weder hier noch landesweit überschritten worden.
Hinsichtlich eigener weiterer Ermittlungen zu Untergrundbelastungen gibt es konzeptionelle Überlegungen zu standortbezogenen historischen Erkundungen. Hierdurch sollen im Rahmen der Amtsermittlung systematisch und für das gesamte Stadtgebiet mögliche Eintragsquellen von PFAS und damit mögliche schädliche Bodenverunreinigungen, die potenziell eine Gefahr für die Schutzgüter darstellen könnten, festgestellt werden.

Zu 2.:
Federführend ist hier das LANUV. Derzeit wird, wie unter Ziffer 1 beschrieben, durch das LANUV ein Konzept zur Ermittlung von PFAS-Hintergrundkonzentrationen erarbeitet, bei dem die UBB Leverkusen im Vorfeld eingebunden war/ist.
Im Falle eines konkreten Verdachts auf Belastung des Bodens durch PFAS wird entsprechend der Gegebenheiten am Standort (Größe und Grad der Versiegelung der Verdachtsfläche, Beschaffenheit des Untergrundes, Abstand zum Grundwasser, Nähe zu Schutzgütern etc.) ein individuelles Handlungskonzept zur bodenschutzrechtlichen Gefahrenbeurteilung entsprechend der Vorgaben aus dem Bundesbodenschutzgesetz und Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) sowie des „Leitfaden zur PFAS-Bewertung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz vom 21.02.2022“ des Bundes (Leitfadens PFAS) erarbeitet.

Zu 3.:
Regelmäßige Untersuchungen bzw. ein Monitoring des Grundwassers und des Trinkwassers werden auf der Grundlage rechtsgültig eingeführter Gesetze oder Verordnungen durchgeführt. Am 12. Januar 2021 ist die Richtlinie (EU) 2020/2184 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch in Kraft getreten.
In dieser Richtlinie sind u.a. Vorgaben/Grenzwerte zu den PFAS enthalten. Innerhalb von zwei Jahren sind die Vorgaben der EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, d.h. die Novellierung der Trinkwasserverordnung wurde auf den Weg gebracht. Ende März 2023 wurde im Bundesrat über die Novellierung der Trinkwasserverordnung beraten und abgestimmt, so dass die europäischen Vorgaben/Grenzwerte entsprechend erwartungsgemäß übernommen werden.
Im Entwurf zur neuen Trinkwasserverordnung vom 15.02.2023 sind die Grenzwerte bezogen auf das Trinkwasser zu Summen-PFAS festgesetzt und gelten ab Januar 2026 bzw. 2028.
Bezogen auf das Trinkwasser in Leverkusen wird an dieser Stelle zunächst darüber informiert, dass es einen Unterschied zwischen dem Trinkwasser der Currenta aus dem Wasserwerk Hitdorf, welches Rheinuferfiltrat fördert, und dem Trinkwasser der Energieversorgung Leverkusen GmbH (EVL) aus dem Wasserwerk Rheindorf (WWR) gibt. Dieses hat ab Ausgang Wasserwerk eine Zusammensetzung von 7 % Rheinuferfiltrat, das die EVL von der Currenta geliefert bekommt. Rund zwei Drittel sind gefördertes Grundwasser aus dem Einzugsgebiet Reusrath/Rheindorf und rund ein Drittel ist Trinkwasser aus der Großen Dhünntalsperre.

Im Wasserwerk Rheindorf werden in unregelmäßigen Abständen am Zulauf des Currenta-Wassers und am Wasserwerksausgang PFAS Proben entnommen und im Labor ausgewertet.
Seit März 2023 werden alle Brunnen im WWR auf PFAS kontrolliert. Zudem werden dann regelmäßige Kontrollen im Ausgang des Wasserwerks, im Zulauf der Talsperre und im Zulauf des gelieferten Trinkwassers der Currenta durchgeführt.
Gemäß dem Leitfaden des BMUV zur PFAS-Bewertung von Gewässerverunreinigungen aus 2022 sollen für das Grundwasser weiterhin die Geringfügigkeitsschwellenwerte aus den Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser und Abwasser (LAWA) von 2017 herangezogen werden.
Im Fachbereich Umwelt – Untere Wasserbehörde – werden die Monitoringdaten der Grundwasserbeprobungen in der Datenbank GW-Base inklusive der Grenzwerte erfasst und eingepflegt. Nach den Vorgaben der Grundwasserverordnung besteht bisher keine rechtliche Verpflichtung, ein regelmäßiges Monitoring im Grundwasser hinsichtlich der Stoffgruppe der PFAS durchzuführen.
Im Mai 2023 wird durch die UWB das jährlich stattfindende Grundwasser-Monitoring an 50 Grundwassermessstellen im Stadtgebiet durchgeführt, bei dem jetzt auch ergänzend das „Untersuchungspaket“ PFAS einbezogen werden soll. Entsprechend dem Untersuchungsergebnis/der Auswertung der Daten sind dann in den Folgejahren ggf. weitere Untersuchungen zu beauftragen.
Weitere Informationen zum Oberflächengewässer-Monitoring durch das LANUV sind im Landtagsbericht „Belastungen mit per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) in Nordrhein-Westfalen“, der zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Natur- und Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Forsten und ländliche Räume AULNV am 15.03.2023 (zu den Vorlagen Nrn. 17/2437 und 17/6035) veröffentlicht wurde (abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV18-944.pdf), enthalten.

Zu 4.:
Siehe Beantwortung Ziffer 3

Zu 5.:
Da es Stand heute noch keine Grenzwerte gibt, orientiert sich die EVL an den für die kommende Novellierung der Trinkwasserverordnung diskutierten Grenzwerten. Diese liegen bei PFAS 20 bei 0,1 µg/l und bei den PFAS 4 bei 0,02 µg/l. Alle bisher gezogenen Proben liegen unter diesen Werten.
Die in NRW derzeit geltenden Bewertungsmaßstäbe für PFAS in verschiedenen Regelungsbereichen sind im „Leitfaden PFAS“ dargelegt. Dieser Leitfaden wurde in NRW per Erlass des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 04.03.2022 eingeführt. Für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser sind in der neuen Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) bzw. der ab 01.08.2023 geltenden Mantelverordnung für sieben PFAS-Einzelsubstanzen Prüfwerte
festgelegt worden.

Zu 6.
Die EVL erhält von der Currenta Trinkwasser gemäß den Richtlinien der aktuellen Trinkwasserverordnung.

Zu 7.:
Die Feuerwehr Leverkusen hat das letzte Schaummittel mit PFAS im Jahre 2019 entsorgt. Es liegt bisher keine Kartierung von Löschschaumeinsätzen vor und ist derzeit nicht geplant.

Zu 8.:
Kontrollmaßnahmen auf PFAS werden seitens der Stadt Leverkusen nicht durchgeführt.
Weitere Informationen zu Untersuchungen von PFOA oder PFOS im menschlichen Blut finden sich im Landtagsbericht „Belastungen mit per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) in Nordrhein-Westfalen“, der zur Sitzung des AULNV am 15.03.2023 (zu Vorlagen 17/2437 und 17/6035) veröffentlicht wurde (abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV18-944.pdf).

Zu 9.:
Die Feuerwehr prüft bisher keine Einsatzstellen auf Belastungen mit PFAS. Haftungsrechtliche Fragen sind bisher nicht aufgetreten.

Umwelt in Verbindung mit Feuerwehr, Medizinischer Dienst LEV und Energieversorgung Leverkusen GmbH