Anträge Wir fordern

Ergänzungsantrag zu 2022/1556 – Städtepartnerschaft Stepanakert

Platz der Wiedergeburt mit dem Gebäude der Nationalversammlung in Stepanakert (CC-BY-SA 4.0 Marcin Konsek)
Platz der Wiedergeburt mit dem Gebäude der Nationalversammlung in Stepanakert (CC-BY-SA 4.0 Marcin Konsek)

Sehr geehrter Bürgermeister Richrath,

sofern der Antrag 2022/1556 positiv entschieden wird und wir als Stadt Leverkusen somit zeigen, dass wir in der Lage und gewillt sind neue Partnerschaften einzugehen, beantragen wir eine Städtepartnerschaft mit der Stadt Stepanakert einzugehen.

Antrag

Der Stadtrat möge beschließen: Es wird eine Städtepartnerschaft mit der Stadt Stepanakert, der Hauptstadt der Republik Arzach (Bergkarabach), herbeigeführt. Die Verwaltung möge sich dabei um die rechtlichen und notwendigen Schritte kümmern.

Begründung

Nicht nur in der Ukraine ist und war Krieg. Leverkusen und insbesondere Opladen wird nicht müde zum Ende jeden Jahres an das massive Bombardement zu erinnern, dass bis heute im kollektiven Gedächtnis unserer BürgX vorhanden ist. Die seinerzeit so geschundene Stadt Leverkusen zeigt mit dem Schritt der Städtepartnerschaft ihre Solidarität mit der ihrerseits durch Raketenbeschuss und Bombenabwürfe geschundenen Stadt Stepanakert und den Bewohnern einer jungen, aufstrebenden und fortschrittlichen Demokratie, von der sich unser Leverkusen eine große Scheibe abschneiden kann. Das Bildungssystem dieser Südkaukasischen Republik ist im 21. Jahrhundert angekommen. Um hier nur ein Stichwort zu nennen: Digitalisierung in Schulen. Mit echten Computern. Ewas, dass uns bisher nicht gelingen mochte? Auch das politische System ist ziemlich fortschrittlich. In Arzach werden Korruption und Lobbyismus (wo lag da nochmal der Unterschied?) entschieden entgegengetreten. So ist es Parlamentsmitgliedern laut Verfassung untersagt, lukrative Nebenjobs anzunehmen. Das hilft auch, lästige Interessenskonflikte nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verdecken zu müssen. Diese beiden Punkte sollten zur Darstellung, wie progressiv diese Republik ist, reichen. Für Fachfremde des Themas Transkaukasien: Die Republik Bergkarabach erklärte am 02.09.1991 ihre Unabhängigkeit von der damaligen Aserbaidschanischen Sozialistischen Sowjetrepublik und untermauerte diese mit einem Referendum: 99,98 % der abgegebenen Stimmen votierten als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Völker (internationaler Diplomatensprech!) für die kurz zuvor deklarierte Eigenständigkeit. In den letzten Jahren schrieb sich die kleine Republik die bereits erwähnte, vorbildliche Verfassung und stellte sie erfolgreich zur Abstimmung. (Demokratie können sie in Stepanakert!) In der Folge firmiert Bergkarabach seit 2017 als Republik Arzach und wäre bereit das internationale Parkett zu betreten. Aufgrund interessant hergeleiteter Territorialansprüche irgendwelcher Möchtegern-Diktatoren, wie dem Irren vom Bosporus oder seinem kleptokratischen Bruder vom Kaspischen Meer, wird den Menschen in Arzach die Anerkennung ihrer jungen Republik sowie das Recht von Drohnenangriffen auf zivile Infrastruktur und ethnischer Säuberung verschont zu bleiben verwehrt. Für die Bevölkerung Arzachs gilt, daran müssen wir wohl leider erinnern, dasselbe Menschen-und Völkerrecht wie für die Menschen in Leverkusen oder sonst wo auf der Welt. Nach diesem Exkurs ins Komplexe und Theoretische ein paar Gemeinsamkeiten von Stepanakert und Leverkusen sowie die Vorteile dieser Städtepartnerschaft, illustriert durch plastische Beispiele: Mit Schätzen im Erdreich kennen sich beide aus. Wir haben erfolgreich Giftmüll vergraben, die Bewohner Arzachs nach Edelmetallen und Baustoffen gebuddelt. Gute Grundlage für Gesprächsthemen im Südkaukasus. Auch beim Fußball sind wir uns näher, als sich das so mancher Bundesliga-Fan wünschen mag. Bei einem sportlichen Kräftemessen mit dem „Lernayin Artsakh FC“ einer Partnerstadt Stepanakert kann man sich Hoffnung machen auf ungefähr die gleiche Zuschaueranzahl zu treffen. Wenn das mal nichts ist! Und was Graue Wölfe und deren Waffenbrüder so anrichten, wenn man sie nicht daran hindert, zirkuliert in Form von unappetitlichen Videos aus den durch Aserbaidschan „befreiten“ Gebieten Arzachs im Internet. Dieser Umstand ist zwar kein Vorteil einer Städtepartnerschaft, aber eine kostenlose Lektion. Im Falle einer Freundschaftsbekundung würde sich Leverkusen in eine Liste mit San Sebastián in Spanien, Montebello in Kalifornien oder Valence in Frankreich einreihen, ein Hauch Kosmopolitismus liegt in der Luft. Andernorts sind sie übrigens weiter: So haben sich der französische Senat, die US-Bundesstaaten Michigan, Kalifornien, Louisiana, Rhode Island, Massachusetts, Maine, Georgia und Hawaii sowie die italienische Weltstadt Mailand für die Anerkennung der Unabhängigkeit Arzachs von der Öldiktatur Aserbaidschans ausgesprochen. Österreich, Luxemburg und die belgische Region Flandern, haben die Türkei und Aserbaidschan wegen Verstoßes gegen das Völkerrecht aufs Schärfste verurteilt. Und die Bundesregierung? Naja, Sie ahnen es…Machen wir das Richtige -tun wir es den Mutigen gleich! PS.: Sollte uns die Hauptstadt zu hoch erscheinen, schlagen wir alternativ Martakert vor. Das liegt zwar direkt an der Frontlinie, aber so hätten wir bei einem Besuch die Möglichkeit türkische Drohnen direkt von der Nähe aus zu beobachten und das Kriegsfeeling wortwörtlich zu spüren.

Mit freundlichen Grüßen

Keneth Dietrich
DIE LINKE

Malte Kemp

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